English Defence League (EDL) in Luton

Am 5. Februar demonstrierten mehrere Tausend SympathisantInnen der antimuslimischen English Defence League (EDL) in Luton. Auch deutsche Islamfeinde waren anwesend.

 
EDL in Luton 2011 © Matthias Berg

Samstagvormittag, 5. Februar 2011, auf der Nato-Sicherheitskonferenz in München: Im Hotel „Bayerischer Hof“ referiert der britische Premierminister David Cameron vor handverlesenen VertreterInnen der Nato-Staaten und des militärisch-industriellen Komplexes. Er erklärt den westeuropäischen Mulikulturalismus für gescheitert und betont die Notwendigkeit des forcierten Kampfes gegen den Terrorismus im Innern.

Zur gleichen Stunde im englischen Luton, einer nördlich von London gelegenen Stadt:
Auf der Straße vor dem Pub „Railway Tavern“ schreit ein Mann, in seiner rechten Hand einen Becher Bier haltend: „Für jede brennende Mohnblume eine brennende Moschee!“ Die umstehenden Personen, überwiegend Männer, von denen einige Sturmhauben und Gesichtsmasken tragen, signalisieren mit lautem Gejohle ihre Zustimmung, um anschließend ihren Schlachtruf zu skandieren: „E – E – EDL!“

Islamophobie im Zeichen des Georgskreuzes

Luton gleicht an diesem 5. Februar 2011 einer Geisterstadt. Die meisten Geschäfte sind geschlossen und die Fensterfronten mit Spanplatten und schweren Metallrolläden gesichert. Aus Angst vor Krawallen sind viele Bewohner Lutons zu Hause geblieben. Die Stadt erlebt den größten Polizeieinsatz ihrer Geschichte. 2000 Polizisten sind angereist, ganze Straßenzüge mit meterhohen Metallzäunen abgesperrt, wie man sie noch aus den Zeiten des Nordirlandkonfliktes kennt.

Die AntifaschistInnen der UAF (United Against Fascists) haben zu einer Gegenkundgebung aufgerufen. Knapp tausend TeilnehmerInnen aus ganz England sind dem Aufruf gefolgt. Die Polizei hält sie, ähnlich wie die EDL und einen Kilometer von einander entfernt, in einem hermetisch abgeriegelten Gebiet fest. In Bury Park, einem außerhalb der City gelegenen Stadtteil mit einem hohen Anteil von MigrantInnen aus Pakistan, kommen ein paar hundert Jugendliche zusammen, um den Schutz ihres Viertels vor der EDL notfalls selber in die Hand zu nehmen.

Sammelpunkt der EDL für die um 13 Uhr beginnende Demo sind drei Pubs in einer kleinen Straße hinter dem Bahnhof. Hier haben die Angereisten die Gelegenheit, bis 12 Uhr mittags, bis zum Inkrafttretens eines polizeilich verordneten Alkoholverbots, ein paar „Pints“ Bier zu sich zu nehmen. Unter den Anwesenden befinden sich mehrere extrem rechte SympathisantInnen aus dem Ausland. Aus Deutschland sind Leute von dem antimuslimischen Webportal „Politically Incorrect“ (PI) angereist, unterstützt von Mitgliedern der neu gegründeten „German Defence League“ (GDL) aus Hannover. Aus Österreich ist Elisabeth Sabaditsch-Wolff erschienen, die u.a. die deutsche „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE) auf internationalen Konferenzen vertritt.
Weitere RassistInnen sind aus den Niederlanden, Frankreich, Skandinavien und den USA angereist. Mit dabei auch der ultrarechte Rabbi Nachum Shifren aus Los Angeles. Seine These: „Multiculturalism will bring the next 9/11“.

Aggressive Stimmung schon vor Beginn

Je mehr der Zeitpunkt des Demobeginns näherrückt, desto aggressiver wird die Stimmung vor Ort. Nachdem ich mehrmals von EDL-AnhängerInnen bedroht und als „Fucking Kraut“ beschimpft werde, packe ich meine Camera ein, um mit anderen Presseleuten hinter den Polizeiabsperrungen Schutz zu suchen. Die Hälfte der JournalistInnen trägt Helme und Schutzwesten.

13 Uhr. Die Demo gleicht einem Viehtrieb, mitsamt tausenden von tollwütigen Rindern. „Whose streets? Our streets!“ brüllt der Mob. Ein massiver Polizeikessel kann nur mit Mühe die schreiende, schiebende und stoßende Menge im vorderen Teil der Demonstration unter Kontrolle halten. Alle Nebenstraßen sind mit meterhohen Metallzäunen abgesperrt, vor der Demo befindet sich eine Reiterstaffel, über der Demo kreisen drei Hubschrauber. Nach nur 800 Meter ist der Spuk vorbei und die 3000 EDL-Anhänger haben das „Gehege“ für die Abschlusskundgebung auf einem zentralen Platz in der City Lutons erreicht. Dieser Platz war von der Polizei eigentlich den AntifaschistInnen zugesagt worden, kurzfristig aber der EDL überlassen worden.

Die Redebeiträge auf der Kundgebung ähneln inhaltlich dem Vortrag von Englands Premier David Cameron auf der Münchner NATO-Sicherheitskonferenz: Der Multikulturalismus sei gescheitert und der Hauptfeind der „zivilisierten Welt“ sei der Islam! Wer darauf wartet, konkrete Vorschläge zu hören, wie die bestehenden Probleme des Miteinanderslebens von Menschen verschiedener Kulturen konstruktiv gelöst werden könnten, der ist hier in Luton wie auch in München fehl am Platz.

Dass als unmittelbare Folge des staatlichen Krisenmanagements nach der letzten Weltfinanzkrise die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bevölkerung, egal welcher Herkunft, sich weiter verschärfen, ist kein Thema der Reden. In England wird derzeit das größte staatliche Kürzungsprogramm in der Geschichte des Landes umgesetzt, während gleichzeitig die Gewinne von Banken und Konzernen wieder ansteigen. Hiervon abzulenken und zu spalten, das scheint die Botschaft des Tages aus Luton und München zu sein.
RassistInnen nutzten die folgende Nacht, um im Schutze der Dunkelheit zwei Wohnungen von MigrantInnen in Luton mit Steinwürfen und Farbschmierereien zu beschädigen.


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