Juristisches Nachspiel

In zwei Gerichtsverfahren in Berlin wurden zu den Ereignissen um den Brandanschlag auf den Neonazi-Treff „Zum Henker“ im Oktober 2009 Urteile gesprochen. Die zwei mutmaßlichen Angreifer auf die Szenekneipe wurden freigesprochen. Der Neonazi Lutz Giesen erhielt eine Gefängnisstrafe. Ein Gastbeitrag von Fabian Kunow. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des blick nach rechts.

 

Am Mittwoch endete nach mehreren Wochen ein Verfahren gegen zwei Beschuldigte mit Freisprüchen. Den beiden Männern war vorgeworfen worden, aus Rache den rechten Szenetreff „Zum Henker“ mit Brandsätzen  am 4. Oktober 2009 angegriffen zu haben. Im Anschluss überfuhren bis heute unbekannt gebliebene Täter einen aus der Kneipe heraus stürmenden Neonazi. Dieser erlitt schwere Kopfverletzungen. Die Tat soll laut Anklage den Hintergrund gehabt haben, dass die Beschuldigten einige Tage zuvor in der Kneipe abgewiesen wurden, was mit Gewalttätigkeiten durch andere Kneipengäste endete.

Schnell wurde der Brandanschlag sowie die schwere Körperverletzung mit dem Auto trotz besseren Wissens von der Neonazi-Szene „der Antifa“ in die Schuhe geschoben. Die rechte Szene reagierte prompt. Einen Tag später fand ein kleiner Aufmarsch in der Nachbarschaft der Gaststätte „Zum Henker“ statt. Es folgte eine Hetzkampagne gegen die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Am 10. Oktober organisierte die Szene eine Demonstration mit dem Motto „Vom Nationalen Widerstand zum nationalen Angriff“. Rund 800 Teilnehmer marschierten mit. Es war eine der aggressivsten Neonazi-Versammlungen, welche die Hauptstadt gesehen hatte. Als Einpeitscher am Lautsprecherwagen betätigte sich der ehemalige Berliner und jetzt in Mecklenburg-Vorpommern wohnende Maurer Lutz Giesen.
[Eine ausführliche Dokumentation des Aufmarsches findet ihr ->hier.]

„Der Kampf gegen rote Mordbanden“

Lutz Giesen nannte auf dieser Demonstration Nazigegner mehrfach namentlich und schwor Rache. Die Genannten bezeichnete er unter anderem als „Hintermänner feiger roter Mörderbanden“. Der Aufmarsch wurde von den Neonazis historisch in den Kampf der SA um Berlin gegen „rote Mordbanden“ in der Weimarer Republik eingereiht und man inszenierte sich als geeinte Kampfgemeinschaft.

Giesen ist in der Neonazi-Szene nicht unumstritten. Er wird auf einem Berliner Neonazi-Portal unter der Rubrik „Spitzel, Spalter und Provokateure“ geführt. So soll er mehrfach „Kameraden“ belogen und um mehrere Monate Miete betrogen haben. Sodass man Giesen wegen seines „unkameradschaftlichen Umgangs gegenüber seinen Mitstreitern in unseren norddeutschen Zusammenhängen nicht mehr für tragbar halte“.

Mehrere der verunglimpften Nazigegner hatten im Anschluss an die Demonstration Anzeige erstattet. Am gestrigen Donnerstag fand der Strafprozess statt. Giesen wurde von mehreren Neonazis aus dem Bezirk Pankow begleitet. Neben dem NPD-Kandidaten Sandor Makai und Christian S. aus dem Spektrum der „Freien Nationalisten Mitte“ saß Michael G. auf der Zuschauerbank. Giesen und G. sind seit über zehn Jahren zusammen politisch aktiv.

Giesen wurde aufgrund seiner 22 Einträge im Bundeszentralregister sowie wegen drei bereits zur Tatzeit laufender Bewährungen zu fünf Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Richterin nannte Giesen „einschlägigst vorbestraft“ und wollte dem Staatsanwalt nicht folgen, der mit Rücksicht auf Giesens vier Kinder noch eine weitere Bewährungsstrafe verhängen wollte.

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